Dienstag, 31. März 2009

Was ist Realismus?

Der Alptraum des Realisten
Was wäre, wenn wir eine Theorie akzeptierten, nach der Elektronen so etwas wie Phlogiston* sind?
Wir müssten dann sagen, dass Elektronen in Wirklichkeit gar nicht existierten. Und wenn uns dies ständig passierte? Was wäre, wenn alle von einer Generation postulierten theoretischen Entitäten (Moleküle, Gene, etc., wie die Elektronen) ständig aus der Sicht der späteren Wissenschaft "nicht existierten"? Es handelt sich hierbei natürlich um eine Variante des alten skeptischen "Arguments von der Täuschung". Woher weißt du, dass du dich nicht gerade jetzt täuschst? Aber in dieser Form ist das Argument von der Täuschung für viele Zeitgenossen ein ernstes Problem und nicht bloß ein "philosophischer Zweifel".
Einer der Gründe hierfür ist, dass die folgende Metainduktion am Ende völlig zwingend wird:
Wie kein einziger der Ausdrücke, die vor fünfzig Jahren in der Wissenschaft gebraucht wurden, sich auf etwas bezog, so wird sich herausstellen, dass keiner der Ausdrücke, die sie heute verwendet (mit Ausnahme vielleicht von Beobachtungstermini, wenn es solche gibt), sich auf etwas bezieht.

Hilary Putnam

* Vor der Entdeckung des Sauerstoffs glaubte man, Feuer und Verbrennung sei auf den Stoff Phlogiston zurückzuführen, der in jedem Material zu einem bestimmten Teil vorhanden sei.

Freitag, 27. März 2009

Das Land der Wahrheit

Das Land des reinen Verstandes aber ist eine Insel, und durch die Natur selbst in unveränderliche Grenzen eingeschlossen. Es ist das Land der Wahrheit, umgeben von einem weiten und stürmischen Ozeane, dem eigentlichen Sitze des Scheins, wo manche Nebelbank und manches bald wegschmelzende Eis neue Länder lügt, und indem es den auf Entdeckungen herumschwärmenden Seefahrer unaufhörlich mit leeren Hoffnungen täuscht, ihn in Abenteuer verflechtet, von denen er niemals ablassen, und sie doch auch niemals zu Ende bringen kann.
Immanuel Kant

Donnerstag, 19. März 2009

Für Ihn

Vorlage für den Einzelteil
Selbst-los

Tief versunken im eigenen Verlangen. Anonyme Köpfe zur Einheit verschmolzen. Wie auf See schiffbrüchig Treibenden. So erging es den brandenden Massen der Leiber, die dort in den seelisch aufbrechenden Wogen verweilten. Sie ergaben sich in ihre Schwäche, waren von einem innig durchdringenden Gefühl ergriffen zu einem Mann, der als einzige verlorene Planke in den Wellen zu treiben schien, belastet mit dem Wissen, nichts tun zu können, hilflos verirrt in ihren Gedanken. Es war wie ein Schluchzen, ein unterdrücktes Weinen, das sich als Schrei in der Kehle sammelt, darauf wartend, hervordringen zu können. Verdammt zu sein zum Schweigen und Ertragen, es suhlte sich in ihrer Verzweiflung. Die Menschen tropften aus ihrer Realität, waren aufgelöst in Verlorenheit. Ihr wild hämmerndes Herz pulsierte durch die Betroffenheit einzig und allein für diesen Mann.
Doch der Gekreuzigte wandte seinen Blick ab und starb.